Industrieunternehmen mit Patentabteilung

In großen Industrieunternehmen mit eigener Patentabteilung entstehen häufig vielfältige Ideen und Erfindungen, die bezüglich der weiteren Verwendung bewertet werden müssen. Der Einsatz von strategischen Publikationen ist für bestimmte Erfindungen eine kostengünstige und schnell durchgeführte Alternative zu Schutzrechten und anderen Methoden der Erfindungsverwertung. Dazu wird das strategische Schutz­rechts­port­fo­lio gewinnbringend erweitert.

Eine aktuelle Studie der TU München, bei der 37 Großunternehmen zum Thema "strategische Publikation" befragt wurden, hat ergeben, dass 70,3% der befragten Unternehmen das Instrument nutzen (13).

Industrieunternehmen ohne Patentabteilung

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind stark auf den Schutz ihres geistigen Eigentums angewiesen, um am Markt bestehen zu können. Ein aktueller Forschungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass KMU gegenüber Großunternehmen in unserem Patentsystem benachteiligt sind. Dazu wird empfohlen, den starken Fokus auf Patentierung aufzugeben und alternative Konzepte, wie die Geheimhaltung und die strategische Publikation stärker in Betracht zu ziehen (4).

Insbesondere aufgrund der hohen Kosten von Patenten sind Alternativen für KMU von großem Interesse. Eine Umfrage beim ZVEI (Zentralverband der Elektro- und Elektronikindustrie; ca. 1600 Mitglieder) hat ergeben, dass 31,8% der befragten Unternehmen, die weniger als 200 Mitarbeiter haben, das Instrument „strategische Publikation“ nutzen. Bei den Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern beläuft sich die Anzahl sogar auf 42,6% (13)

Patentanwälte

Strategische Publikationen als Alternative oder Ergänzung zu einer Patentanmeldung bieten in bestimmten Si­tu­a­tio­nen die zielführendste Form der Erfindungsverwertung. Patentanwälte haben die Pflicht und das Interesse, ihre Man­dan­ten je nach Anwendungsfall bestmöglich zu beraten. Insbesondere Privatpersonen und Einzel­un­ter­neh­mer haben häufig nicht die finanziellen Möglichkeiten, alle ihre Ideen patentieren zu lassen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, Nachträge und Randideen zu einem eigenen bestehenden Patent zu veröffentlichen. Dadurch wird es Wettbewerbern erschwert, auf dem gleichen Gebiet Patentansprüche durchzusetzen und das eigene Patent gewinnt an Wert. Wesentliches Potenzial bringt dazu die strategische Publikation parallel zu einer laufenden Patentanmeldung. Hierdurch wird schon während der Geheimhaltungsphase durch das Pa­tent­amt international anerkannter schriftlicher Stand der Technik geschaffen und "naheliegende" Erfindungen können auch in dieser Zeit schon nicht erteilt werden.

Open-Source Anwender

Das Anmelden von klassischen Schutzrechten wie Patente wird von der Open-Source-Gemeinschaft ka­te­go­risch abgelehnt. Seitdem in den USA und auch in Europa Patente auf Software erteilt werden können, sieht sich die Open-Source-Gemeinschaft einer Bedrohung durch Patente ausgesetzt, die auf eigene bereits veröffentlichte Inhalte erteilt wurden. Hier fehlt der Gruppierung häufig eine beweisbare Dokumentation über Datum und Umfang der Veröffentlichung. Diese fremden Patente „drohen die Dynamik der all­ge­mei­nen Softwareentwicklung abzuschwächen und der Open-Source-Bewegung Rückschläge zu versetzen. Gemäß einer Forschungsarbeit von Dr. Henn der TU-München "verspricht eine Defensivveröffentlichung, die freilich auf eine Art und Weise zu erfolgen hat, die eine Kenntnis des [bereits im Vorfeld Erfundenen] bei den Patentämtern sicherstellt, [...] hier Abhilfe (10).“ 

Universitäten und Institutionen

Bei öffentlichen Einrichtungen, Universitäten und Forschungseinrichtungen, die nicht ausschließlich wirt­schaft­liche Ziele verfolgen, besteht eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, For­schungs­er­geb­nis­se der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen – schließlich sind diese Forschungsergebnisse häufig durch öffentliche Gelder finanziert und dienen in erster Linie dem wissenschaftlichen Fortschritt.

Insbesondere in Kooperationen von öffentlichen Forschungseinrichtungen mit Unternehmen aus der freien Wirtschaft wird schnell die Frage aufgeworfen: Wem gehören die Rechte an den Erfindungen, die innerhalb des Kooperationsprojekts gemacht werden? Eine Antwort auf diese Frage, die das höhere Ziel, nämlich dem wissenschaftlichen Fortschritt zu dienen, berücksichtigt, ist: Es werden keine klassischen Schutzrechte angemeldet, sondern die Forschungsergebnisse werden mit Hilfe von strategischen Publikationen für die Allgemeinheit nutzbar gemacht. Hierdurch werden die Nutzungsrechte an den Erfindungen frei und die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfindungen können von jedermann für Weiterentwicklungen und weitere Forschungsarbeiten eingesetzt werden.

Gestützt wird die dargestellte Meinung auch von Dr. Henn (TU München), nach dessen Meinung For­schungs­ein­rich­tun­gen oftmals Ziele verfolgen, die „nur dann erreichbar sind, wenn sie ihre Innovationen zu Gemeinschaftsgütern machen. Um die Patentierung durch Dritte zu verhindern, setzen sie De­fen­siv­pu­bli­ka­tio­nen ein (10).“

Umfrageergebnis

70,3% der befragten Großunternehmen kennen das Instrument "Defensivpublikation" und nutzen es zumindest gelegentlich.